Freitag, 5. Februar 2010

Wie Marihuana Spermien auf Trab bringt

Solange sie im Hoden sind, schlummern sie still vor sich hin. Im Einsatz aber sind Spermien äußerst aktiv. Jetzt haben Forscher den lange gesuchten Schalter entdeckt - und herausgefunden, dass auch Marihuana ihn betätigen kann. Das hat allerdings nicht nur Vorteile.
Menschliche Spermien: Alkalische Umgebung lässt sie aktiv werden

Die Spermien des Mannes haben Forscher lange vor ein Rätsel gestellt: Warum verharren sie im Hoden unbeweglich, werden aber äußerst aktiv, sobald sie in eine Scheide gelangen? US-Wissenschaftler haben jetzt eine Antwort parat: Sie haben den molekularen Schalter entdeckt, der Spermien aus ihrem Ruhezustand weckt und ihren Schwanz in Bewegung setzt.

Bereits seit längerer Zeit ist bekannt, dass Spermien eine alkalische Umgebung - also einen hohen pH-Wert - brauchen, um in Bewegung zu kommen. In den männlichen Hoden herrscht jedoch bei einem pH-Wert von 6,0 ein saures Milieu, so dass die Spermien dort vollkommen inaktiv sind. Der pH-Wert in der Scheide liegt dagegen bei 7,4 und damit im alkalischen Bereich.

Ein Team um Yuriy Kirichok von der University of California in San Francisco hat jetzt Poren auf der Oberfläche der Spermiengeißeln entdeckt, die sich in einer alkalischen Umgebung öffnen. Dadurch strömen positiv geladene Protonen nach außen, so dass die Spermien selbst alkalisch werden, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift "Cell" ( doi: 10.1016/j.cell.2009.12.053). "Man kann die Spermienzellen mit Ballons vergleichen, die mit Protonen vollgepumpt sind", erklärt Kirichok. "Durch äußere Reize öffnen sich die Poren in der Oberfläche des Ballons, die sogenannten Hv1-Kanäle, so dass extrem viele Protonen ausfließen." Dies stößt eine Kaskade biochemischer Reaktionen an: Die Spermien reifen, werden beweglich und bereiten sich darauf vor, eine Eizelle zu befruchten.

Mit biophysikalischen und biochemischen Methoden konnten Kirichok und sein Team erstmals zeigen, dass die Schwänze der Spermien mit sehr vielen Hv1-Kanälen bedeckt sind. Weiterhin maßen die Forscher erstmals den Protonenfluss durch die Zellmembran der Spermien und gingen den Faktoren auf den Grund, die dieses Ausströmen in Gang setzen.

Mariuhana lässt Spermien schon im Hoden aktiv werden - und absterben
Dabei konnten die Wissenschaftler eine Reihe weiterer Rätsel lösen. So wusste man bisher, dass Zink und Marihuana die Beweglichkeit der Spermien und die Fruchtbarkeit herabsetzen - die Gründe dafür waren aber unbekannt. Die größte Konzentration von Zink beim Menschen findet sich in den männlichen Geschlechtsorganen. In der weiblichen Scheide ist wesentlich weniger davon vorhanden. Die neuen Ergebnisse zeigen nun, dass Zink die Hv1-Kanäle hemmt und damit in den Hoden zur Ruhigstellung der Spermien beiträgt. In der Vagina bleibt dieser Effekt dagegen aus.

Zu Marihuana lieferte die Forschung bisher widersprüchliche Ergebnisse: Einerseits wird es mit männlicher Unfruchtbarkeit in Verbindung gebracht, andererseits ließ sich bei Marihuana-Konsum eine vermehrte Spermienaktivität beobachten. Allerdings findet sich auch in den männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen eine Cannabis-ähnliche Substanz, das Anandamid. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Endocannabinoid, das vom Körper selbst produziert wird und an die gleichen Rezeptoren wie Marihuana andockt.

Anandamid scheint in besonders hoher Konzentration in der Nähe der weiblichen Eizelle vorzukommen - und öffnet ebenfalls die Hv1-Kanäle. "Marihuana könnte die Funktion des Anandamid nachahmen und die Spermien vorzeitig aktivieren, wenn sie sich noch in den Hoden befinden", meint Kirichok. Da Spermien nur ein paar Stunden lang aktiv sind, führe Marihuana somit zu ihrem vorzeitigen Absterben.

"All diese Prozesse sind für die Befruchtung einer Eizelle von großer Bedeutung", erklärt Kirichok. "Da wir nun das Molekül kennen, dass für diese Prozesse verantwortlich ist, könnte man es durch bestimmte Wirkstoffe sowohl hemmen als auch aktivieren." Auf diese Weise könnten neue Verhütungsmethoden für den Mann entstehen und auch neue Methoden für die Behandlung männlicher Unfruchtbarkeit entstehen.

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