Dienstag, 29. Dezember 2009

Des Cannabis süße Seite


Körpereigene, mit dem Rauschmittel THC verwandte Substanzen machen die Zunge empfindlicher für Süßes
Ein amerikanisch-japanisches Forscherteam hat möglicherweise entdeckt, warum der Konsum von Marihuana häufig mit Fressattacken einhergeht: Cannabis wirkt wie die körpereigenen cannabisähnlichen Endocannabinoide – und die intensivieren zumindest bei Mäusen den Geschmack von Süßem, indem sie die Zunge empfindlicher für süße Sinneseindrücke machen. Andere Geschmackrichtungen bleiben dagegen unbeeinflusst vom Cannabis-Effekt. Im Körper scheinen die Endocannabinoide demnach dafür zuständig zu sein, den Appetit anzukurbeln und die Nahrungsaufnahme zu erhöhen – und fungieren damit als Gegenspieler für das Satthormon Leptin, das die Intensität des süßen Geschmacks dämpft.


Schon frühere Studien hatten gezeigt, dass sich Mäuse nach einer Spritze mit Endocannabinoiden an Süßem geradezu überfressen. Allerdings wurde dieser appetitfördernde Effekt bisher hauptsächlich auf die Wirkung der Substanzen im Gehirn zurückgeführt, wo sie die Steuerzentralen für die Nahrungsaufnahme beeinflussen. Ryusuke Yoshida und seine Kollegen hatten nun jedoch den Verdacht, dass auch die Zunge selbst eine Rolle spielt – schließlich wirkt auch das Satthormon Leptin, das den Appetit unterdrückt, direkt auf die Zunge ein und dämpft deren Empfindlichkeit für Süßes.

Ihre Vermutung bestätigte sich in Tests mit Mäusen: Offenbar nahmen die Nager nach einer Endocannabinoid-Dosis Süßes tatsächlich viel intensiver wahr als zuvor. Dahinter steckte eine erhöhte Empfindlichkeit der Geschmackszellen der Zunge, die wiederum auf die Aktivität eines bestimmten Rezeptors zurückzuführen war. Dieses Eiweißmolekül fungiert wie ein Schloss, in das Cannabinoide wie Schlüssel hineinpassen – sowohl die körpereigenen als auch die im Cannabis enthaltenen. Die Endocannabinoide, deren Funktion erst nach und nach entdeckt wird, spielen also eine nicht unwesentliche Rolle bei der Appetitregulation, schließen die Forscher. Folglich könnten sie sich als lohnenswerter Angriffspunkt entpuppen, um Essstörungen und Übergewicht zu bekämpfen – vorausgesetzt, die Effekte beim Menschen gleichen denen bei Mäusen.

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